Straßensperren auf dem Weg der Kommunikation
Kommunikation will neben der Informationsvermittlung vor allem eines schaffen: Verständigung. Aber Verständigung setzt Verbindung voraus. Und solche Sätze wie der oben genannte verbinden nicht, sie trennen. Schlimmer noch, sie beschämen und geben andere Menschen der Lächerlichkeit preis.
Thomas Gordon, US-amerikanischer Psychologe mit Schwerpunkt Kommunikationspsychologie hat zwölf Formen der Kommunikation identifiziert, deren Ziel nicht Verbindung und Akzeptanz, sondern Ablehnung und Veränderung des Gegenübers ist. Darunter sind Strategien wie Moralisieren, Drohen, Belehren, Schmeicheln und Beschuldigen. Was sie alle gemeinsam haben, ist, dass sie Widerstand erzeugen und das Gegenüber in eine emotionale Verfassung bringen, die es ihm/ihr unmöglich macht, das Angebotene anzunehmen.
Gift liegt in der Luft
Wie soll ich auch etwas annehmen, das in mir Wut, Hilflosigkeit und das giftigste aller Gefühl, Scham, auslöst ?
Im Gegensatz zu Peinlichkeit, die von Natur aus flüchtig ist und sich auf die Erfahrung von Gemeinsamkeit stützt, ist Scham ein Gefühl, das sich von Heimlichkeit und Unaussprechlichkeit ernährt. Im Gegensatz zu Schuld, die sich auf etwas bezieht, das ich getan habe, bezieht sich Scham auf mich als Person. Nicht „ich habe etwas falsch gemacht“, sondern „ich bin falsch“, „mit mir stimmt etwas nicht“ und „ich bin selbst schuld daran“.
Warum reden wir so miteinander? Wem hilft es, wenn wir uns gegenseitig herabwürdigen? Denn der Verursacher von Scham wird durch sein Verhalten ebenso verletzt wie diejenige, an die sie adressiert ist. Sind es oft genug doch eigene Erfahrung von Scham, die unreflektiert an andere weitergegeben werden.
Scham2 – Beschämung als Trainingsprinzip in Hundeschulen
Ich betrachte Hundeschulen als Mikrokosmos. Als Hundehalter*innen wie auch als Hundetrainer*ìnnen bringen wir unsere Überzeugungen und Gewohnheiten mit ins Training. Gleiches gilt für unsere Art der Kommunikation.
Ich bin immer wieder entsetzt, wenn neue Teams zu mir ins Training kommen und mir davon berichten, wie sie von anderen Trainer*innen behandelt wurden. „Das mit der Leineführigkeit müssen wir aber nochmal üben,“ sagte ein Hundetrainer zu einer Klientin im Gruppentraining und ging dann kopfschüttelnd weiter zum nächsten Team, anstatt zu helfen. Eine andere Klientin bekam zu hören „Es ist ja auch kein Wunder, dass der Hund sich so aufführt, so unfähig, wie Du bist.“
Beschämung scheint nach wie vor zum Alltagsrepertoire in vielen Hundeschulen zu gehören. Menschen, die hilfesuchend zu den Profis kommen, werden vorgeführt, lächerlich gemacht, erniedrigt und alleine gelassen. Dies ist umso verletzender, als es in einer hierarchischen Beziehung stattfindet. Denn als Trainer*innen sind wir Autoritätspersonen, ob wir es wollen oder nicht. Und diese Position erfordert ein besonders hohes Verantwortungsbewusstsein.
Wir tun alle unser Bestes – immer und überall
Das Leben mit Hund ist immer eine Herausforderung. Hunde sind Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen, Gefühlen und mit eigenem Kopf. Konflikte sind vorprogrammiert und die sie begleitenden Gefühle sind normal. Das bedeutet aber nicht, dass wir sie als Trainer*innen mit Herablassung zur Kenntnis nehmen dürften.
Wenn wir davon ausgehen, dass unsere Klient*innen mit ihren Hunden stets das jeweils Beste geben, das ihnen gerade möglich ist, bekommen Verständnis, Mitgefühl, Achtung, Demut und echte Hilfsbereitschaft Raum.
Verständnis für die Situation des/der Halter*in, Mitgefühl mit der Belastung durch die Situation mit dem Hund, Achtung vor den bisher gefundenen Lösungsstrategien, Demut gegenüber ihrer Bereitschaft und Entschiedenheit, mit dem Hund zu arbeiten und Hilfsbereitschaft, den Faden aufzunehmen und den Weg mit dem/der Halter*in weiterzugehen.
Öffnung und Annahme bauen die Straßensperren ab
Der bereits erwähnte Thomas Gordon ist nicht der Einzige, der sich darum verdient gemacht hat, Wege der verbindenden Kommunikation zu finden. Carl Rogers und Marshall Rosenberg sind zwei weitere Psychologen, deren Arbeit mich inspiriert und beeinflusst.
Rogers‘ Klientenzentrierte Gesprächsführung basiert auf den Elementen der Authentizität, der bedingungslosen, positiven Wertschätzung und der Empathie. Sie ist eine leicht zu erlernende Gesprächstechnik, sie wird mit etwas Übung zu einer Grundhaltung gegenüber jedem Menschen und hilft nicht nur in der Arbeit mit Menschen und ihren Hunden.
Rosenbergs Gewaltfreie Kommunikation ist komplexer und braucht etwas Übung. Aber auch diese Herangehensweise an Kommunikation kann leicht erlernt werden. Sie fußt auf einer objektiven, nicht-wertenden Beschreibung der Situation sowie der Bewusstwerdung und Mitteilung der damit zusammenhängenden Gefühle und Bedürfnisse. Erst nach dieser Selbstreflexion wechselt der Fokus auf den/die Gesprächspartner*in in Form einer Interaktion, meist in Form einer Bitte.
Diese öffnende und annehmende Art, miteinander zu sprechen, vermittle ich inzwischen in Workshops für Teams und Einzelpersonen. Wenn Du Interesse daran hast, schick mir einfach eine E-Mail.
Ich freu mich auf Deine Nachricht.
Deine Biggi