Gib Deinem Hund Raum und Zeit, oder: Loslassen beginnt im Körper

Wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich oft und gerne davon spreche loszulassen. Es ist eines meiner Lieblingsthemen einfach deshalb, weil ich selbst so große Schwierigkeiten damit habe. Denn ich bin die Königin des „Ich will das so und nicht anders“.  
 

Gewohnheiten, Rituale und Erwartungen

Damit bin ich nicht alleine. Wir halten alle gerne an alten Gewohnheiten fest, praktizieren liebgewonnene Rituale oder hantieren mit unhinterfragten Erwartungen. Das ist ja auch praktisch. Es spart Zeit und Energie. Wir müssen nicht groß nachdenken und tun einfach weiter, was wir immer getan haben. Und solange wir unsere täglichen Herausforderungen mithilfe dieser Strategien bewältigen können, ist das völlig in Ordnung. Problematisch wird diese Haltung erst, wenn die gewohnheitsmäßigen Strategien beginnen, ins Leere zu laufen

 

Löschungstrotz

Hast Du schon einmal Geld in einen Automaten geworfen und es ist nichts passiert? Kaum eine*r von uns geht dann schulterzuckend weg und sagt „Na, dann halt nicht.“ Nein, wir drücken wieder und wieder auf den Knopf in der Hoffnung, dass das Gewünschte sich doch noch materialisieren möge.

 

Die Lerntheorie nennt das „Löschungstrotz“. Wenn ein gewohntes Verhalten plötzlich nicht mehr zum gewünschten Ergebnis führt, suchen wir nicht sofort nach einer anderen Strategie. Vielmehr intensivieren wir das erfolglose Verhalten sogar noch, weil wir nicht verstehen können, warum es plötzlich nicht mehr funktioniert. Je nach Veranlagung und Erfahrung kann das bis zum unbedingten Biegen und Brechen gehen, „weil das doch verdammt noch mal funktionieren muss!“

 

 

Gegen den Wind abheben

Diese Fähigkeit zur Ausschließlichkeit ist eine der größten Stärken unseres Geistes. Sie ist die Grundlage für Fokus und Präzision. Nur ist sie nicht immer angemessen. Denn die Kehrseite von Fokus ist Verengung. Wir verlieren die Perspektive. Und vor allem verlieren wir die Flexibilität, die wir für kreative Problemlösung brauchen.

 

Lass mich Dir ein Beispiel geben. Ich bin früher, in meiner Vor-Hunde-Zeit viel Fahrrad gefahren. Manchmal habe ich dabei den Eindruck gewonnen, dass der Wind immer genau aus der Richtung kam, in die ich gerade fuhr, was mich unglaublich genervt hat. Ich weiß nicht, wie oft ich wütend auf dem Fahrrad saß und den Wind verflucht habe. Und je mehr ich mich darüber aufregte, desto anstrengender wurde es weiterzufahren.

 

Ja, gegen den Wind zu fahren ist körperlich anstrengend. Aber die völlig sinnlose Ablehnung der Situation hat das Ganze noch viel anstrengender gemacht. Dabei kann Gegenwind sehr nützlich sein. Das weiß jede, die schon einmal einen Drachen hat steigen lassen. Ohne Gegenwind hebt das Ding entweder gar nicht ab oder es landet sehr schnell wieder am Boden. Der Trick dabei ist, sich dem Wind zu überlassen, anstatt gegen ihn anzukämpfen.

 

“What the fuck would Buddha do?”

Eine Kollegin hat diese Frage als Wand-Tattoo auf ihrer Terrasse und ich stelle sie mir selbst häufig. Buddha würde sagen, dass unser Festhalten an den Dingen die Ursache unseres Leidens ist. Nicht die Umstände, unter denen wir leben, lassen uns leiden, sondern unsere Einstellung zu den Umständen. Und wenn das Leiden im Inneren beginnt, dann beginnt auch sein Ende dort.

 

Loslassen ist das Gegenteil von Festhalten. Festhalten ist die geschlossene Hand und der Fokus darauf, dass alles so bleiben möge, wie es ist. Demnach bedeutet Loslassen zunächst einmal, die Hand zu öffnen, um die körperliche wie geistige Spannung absinken zu lassen und Raum zu schaffen.

 

Einen Gedanken, eine Gewohnheit, ein Thema loszulassen, ist zunächst ein körperlicher Prozess. Es kann tatsächlich helfen, den Körper zu scannen und jede Anspannung ganz bewusst zu lösen. Um den Prozess des Raum Schaffens zu unterstützen, kannst Du die Arme mit den Handflächen nach außen schieben und einen Kreis um Dich herum beschreiben. Mit ein bisschen Übung klappt das dann auch rein in Gedanken. Das Gefühl des Raumes und der Entspannung stellt sich trotzdem ein.

 


Was Du über Deinen Hund denkst, wird zu seiner Realität

Die eingangs erwähnten, geistigen Gewohnheiten betreffen nicht nur unser Selbstbild, sondern auch das Bild, das wir von unseren Hunden haben. Oftmals sehen wir gar nicht mehr den Hund, der vor uns steht, sondern den Hund, der in unserem Kopf existiert, wo vor allem seine Defizite überrepräsentiert sind.

 

Dieses Bild eines Hundes, der etwas nicht kann, auf etwas anderes übermäßig stark reagiert und der so gar nicht dem Idealbild eines hundlichen Begleiters entspricht, loszulassen ist nicht einfach. Aber es ist die Übung wert. Wenn wir unseren Hunden auch in unseren Köpfen Raum und Zeit lassen, geben wir uns selbst die Chance, einen Hund zu entdecken, der so viel mehr ist und kann, als wir jemals gedacht haben.

 

 

Was denkst Du darüber? Ich bin gespannt auf Deine Kommentare.

 

Deine Biggi

 




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