Nana’s Story. Trauer um einen verstorbenen Hund

Schönheit und Trauer

Nana kam im März 2011 zu mir. Sie war mein erster Hund. Ich liebte Hunde bereits als Kind sehr, durfte jedoch ich nie einen eigenen Hund haben. Die Sehnsucht danach war groß. Und doch ging sie im Laufe der Zeit im Strudel des Lebens unter. Mein Mantra war „irgendwann, wenn ich genug Zeit, Platz und Geld habe …“. Nur stellten sich Zeit, Platz und Geld leider nicht von selbst ein. Erst im Zusammenhang mit einer etwas größeren Lebenskrise fand ich den Mut, mein Mantra zu ändern: aus „irgendwann“ wurde „wann, wenn nicht jetzt?“ Anstatt darauf zu warten, dass das Leben Platz für einen Hund machte, veränderte ich es selbst so, dass ein Hund darin Platz fand.  

 

Säbelzahntigerin

Ich fand Nana über die Website einer Tierschutzorganisation. Sie war als Deutscher Schäferhund gelistet, entsprach aber so gar nicht dem Rassestandard. Sie war verhältnismäßig klein, ihr Oberkiefer war verkürzt, ein Nasenloch fehlte ganz und der Unterkiefer wies auf beiden Seiten alte Frakturstellen auf, sodass die Eckzähne in wildem Winkel aus dem Maul ragten. Letzteres hat ihr dann den Kosenamen Säbelchen eingetragen. Ich habe mich auf den ersten Blick in sie verliebt. Nach ein paar Emails mit dem Tierschutzverein, einem ausführlichen Vorgespräch und einem Kontrollbesuch war klar, dass ich Nana aufnehmen würde. Sie sollte im November 2010 nach Deutschland kommen, angekommen ist sie dann Anfang März 2011. Zweifel kamen mir während dieser Wartezeit nie. Nana war „mein“ Hund mit einer Selbstverständlichkeit, die ich seither nie wieder empfunden habe.

 

 

Die Selbstverständlichkeit in Person

Ich holte Nana an einem Autobahnparkplatz ab. Sie war einer der letzten Hunde, die den umgebauten Reisebus verließen und zeigte beim Aussteigen weder Zurückhaltung noch Ängstlichkeit. Für mich hat sie sich zunächst gar nicht interessiert, sondern zog mich am Ende der Leine hängend mehrfach rund um den Parkplatz. Nachdem sie damit fertig war, sprang sie mit einer Selbstverständlichkeit in unser Auto, die mich sprachlos machte. Sie legte sich hin und schlief prompt ein. Zwischendurch wachte sie ein paar Mal auf, sah zu mir hoch, nur um dann wieder weiterzuschlafen. Zuhause angekommen, ging es genau so weiter. Sie schnüffelte den Garten und die Wohnung ab, legte sie sich in ihr Körbchen und schlief bis zum nächsten Morgen durch.

Natürlich hatte auch Nana einen Koffer im Gepäck, den sie im Laufe der Zeit auspackte. Darin waren eine ausgeprägte Angst vor Zügen und eine gewisse Intoleranz anderen Hunden gegenüber, wenn sie unter der Küchenbank lag, auf der ich gerade saß. Alles in allem aber hat sie es mir als Hundeanfängerin sehr leicht gemacht. Sie war ein Geschenk, dessen Wert mir erst sehr viel später bewusst wurde.

 

Acht Jahre …

Nana ist seit über neun Jahren tot. Sie starb am 29. Januar 2013, nach weniger als zwei Jahren bei mir. Zwischen der Diagnose eines Malignen Lymphoms und ihrer Einschläferung lagen zehn Tage voll Schock, Panik und Verzweiflung. An diesen Gefühlen hat sich bis heute nichts geändert. Während ich diese Worte schreibe, sitze ich weinend am Schreibtisch und es fühlt sich an, als ob sie gestern erst gegangen wäre.

Nana war das erste Wesen, für das ich tiefe Liebe empfand und das ich an den Tod verloren habe. Ich dachte immer Trauer sei etwas, das irgendwie von selbst abliefe. Ich ging davon aus, dass die Trauerphasen ineinander übergingen und dass es mit der Zeit leichter würde. Ich habe mich geirrt. Auch heute noch schnürt mir jeder Gedanke an sie die Kehle zu und ich spüre dieselbe Verzweiflung, die ich empfand, als sie in meinen Armen starb. Ich habe mich acht Jahre lang darum herumgedrückt, mich mit ihrem Tod auseinanderzusetzen. Jetzt ist es Zeit, sie aktiv loszulassen und in Frieden gehen zu lassen.

 

 

Trauer ist Tun

Gefühle sind nicht einfach nur Gefühle. Sie haben ein körperliches Äquivalent. Und starke Gefühle graben sich förmlich in unseren Körper ein. Werden sie nicht verarbeitet, kapseln sie sich letztlich ab. Sie scheinen dann verschwunden zu sein, aber der kleinste Auslöser kann sie mit der Heftigkeit des ursprünglichen Erlebnisses reaktivieren. So entstehen Traumata. In den letzten Monaten bin ich zunehmend häufiger über solche Auslöser gestolpert. Sie begegnen mir in den beschwerlichen Bewegungen meines jetzt fast zwölf Jahre alten Hundes Charlie, in seinen langsam trüber werdenden Augen und in den kleineren und größeren Sorgen, die ich mir um ihn mache. Aber ich möchte nicht in der Angst vor seinem Tod erstarren. Ich möchte die Zeit, die uns noch bleibt, in Freude und Leichtigkeit mit ihm verbringen. Aber dafür muss ich Nana nochmal einen Besuch abstatten.

Trauer ist individuell. Für manche Menschen mag es das Gespräch sein, das die Trauer besänftigt. Für andere ist es die stille, innere Zwiesprache mit dem verstorbenen Wesen. Meine Verarbeitungsstrategie war schon immer das Schreiben. Im Prozess des Schreibens beginnen sich in mir Knoten zu lösen. Dieser Text ist der erste Schritt. Der nächste wird sein, Nana einen Brief zu schreiben, in dem ich ihr dafür danke, was sie mir geschenkt hat: die Fähigkeit, mein Herz zu öffnen und bedingungslos zu lieben.

 

 

Der Tod gibt dem Leben seine Schönheit

Wir leben in einer dem Tod entfremdeten Welt. Das Sterben von Menschen wird in Krankenhäuser und Altenheime verlagert. Das Sterben von Tieren findet in Tierarztpraxen statt. Friedhöfe für Menschen sind von hohen Mauern umgeben, die Körper von Tieren werden oftmals überhaupt nicht würdevoll bestattet. Wir tun so, als ob es den Tod nicht gäbe. Der Tod aber ist es, der dem Leben seine Bedeutung und seine Schönheit verleiht. Schönheit entsteht aus Vergänglichkeit.

Ich freue mich wie immer über Kommentare. Erzähl mir Deine Geschichte. Vielleicht hilft es Dir ebenso, etwas besser mit der Trauer um Dein verstorbenes Tier zurecht zu kommen.

 

Herzlichst

Deine Biggi




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