Es gibt Momente im Leben eines Hundebesitzers, da weiß man einfach, dass man in der Beziehung manchmal etwas falsch gemacht hat. Dass der Hund vielleicht immer auf das Sahnehäubchen auf dem Futter wartet, dass er vielleicht einfach nachts ins Bett schleicht oder einen stürmisch begrüßt, wenn man nach gefühlten Wochen (und eigentlich nur 5 Stunden) wieder nach Hause kommt.
Es gibt aber auch Momente wo man weiß, dass man selbst nichts falsch gemacht hat. Und die dennoch das Leben komplett verändern.
Die Vergangenheit.
Zarrolein kam im zarten Alter von 8 Wochen zu uns. Zu früh, doch wurde es von seiner leiblichen Mutter verstoßen und von seiner Ziehmutter ab der 4. Woche nicht mehr gesäugt. Eine große Aufgabe, derer wir uns aber gern angenommen haben. Ich liebte dieses schwarze Ungeheuer von der ersten Sekunde an – auch wenn ich ihn ab und zu gern in die Wurst stecken wollte 🙂 Zarro wurde von klein auf mit Hunden jeden Alters, Größe, Herkunft und Geschlechts bekannt gemacht. Er sollte wissen, dass kein Hund böse ist und so riefen wir eine Gruppe ins Leben, die unter anderem Hundespaziergänge von bis zu 30 Rudlern verbandt. Zarro war der sozialste Hund, den ich mir wünschen konnte. Bis…ja, bis alles anders wurde.
Nach einem langen Spaziergang mit zwei Hundefreunden sollte unser Gassigang langsam enden. Wir 5 liefen auf einer Wiese entlang, zurück zum Auto, fernab von Straßen und Co. Zarro war damals gerade einmal 8 Monate jung, ein wunderbares Entdeckeralter. Ihr müsst euch vorstellen, wir liefen in der Mitte einer großen Wiese. Rechts und links bis zu den nächsten Wegen waren gut 200 Meter Platz. Uns entgegen kam ein Mann. Ein ganz normaler Mann mit einem großen Hund, der langsam auf Zarro zukam. Wir beide hatten noch keine schlechten Erlebnisse gemacht, was sich schlagartig verändern sollte. Der Hundehaltermann lief weiter auf seinem Weg und machte keine Anstalten, irgendetwas zu tun. Also dachten wir uns, dass der Hund ja nett sein muss. Ich begleitete den kleinen schwarzen Junghund zum Gegenüber. Wir waren kaum angekommen, schmiss sich das Gegenübertier allerdings aus heiterem Himmel auf Zarro – verbiss sich und um mich herum hörte die Welt auf sich zu drehen. Ich hörte nur noch die Schreie des Kurzen und reagierte Geistesgegenwertig. Nein, ich zog den durchaus größeren Hund nicht von Zarro weg, ich trieb in kreisförmig ab.
Zarro stand auf, schüttelte sich und versteckte sich hinter mir, während ich mir vom Halter die tollsten Sachen anhören durfte (ich führe diese jetzt hier lieber nicht auf, das ist etwas unschön. Und das wollen wir ja hier nicht 🙂 ). Irgendwann gingen wir nach ewigen Diskussionen über Versicherungen und Co und erst daheim, in Ruhe, sah ich das Ausmaß des ganzen. Ich wusste bis dahin nicht, wie ein solches Hundegebiss aussah, aber Zarro hatten den Abdruck wunderbar in den Kopf gesenst.
Auch bis hier her dachte ich noch nichts Schlimmes, schließlich war doch jeder Hund schon einmal in eine Klopperei geraten, vermutete ich.
Als ich am nächsten Tag eine ganz normale Leinenrunde gehen wollte, wusste ich jedoch, dass nichts mehr so sein würde wie zuvor. Zarro musste einen Hund nur riechen und rastete komplett aus. Ich war verunsichert. Warum sollte das jetzt passieren? Das hatte er noch nie gemacht? Und von Tag zu Tag wurde sein Verhalten schlimmer. So schlimm, dass wir jeden Hundekontakt komplett meiden mussten. Statt sich verängstigt zurück zuziehen, ging Zarro auf Konfrontation. Je kräftiger er wurde, umso mehr Selbstvertrauen erhielt er. Positives, wie auch negatives. Kloppereien waren an der Tagesordnung. Ich wollte verzweifeln.
Die Gegenwart.
Mit viel Zeit, Ruhe, Vertrauen und vorallem meiner eigenen Angstbekämpfung trauten wir uns Schritt für Schritt wieder in das Training. Andere Hunde auf 200 Meter, Hunde auf der anderen Straßenseite. Langsam wurden Hündinnen im Freilauf wieder in Ordnung. Ein erster Schritt, wie ich hoffte. Mit mehr Arbeit, mehr Training und noch mehr Vertrauen konnten wir auch nach einem Jahr Training wieder mit Kastraten spielen.
Heute ist Zarro fast “geheilt”. Natürlich spielt und tobt er noch nicht mit jedem Hund. Und auch mir schlägt das Herz noch immer bis zur Brust, wenn wir auf Hunde treffen. Doch Zarro weiß sich wieder zu verständigen – zumindest mit mir und deutet mir in 3 Phasen an, wann er gehen möchte. Es hat etwas gedauert, seine neue Kommunikation zu lesen und zu lernen, doch wir sind an dieser Situation gewachsen.
Auch wenn der “Unfall”, wie ich ihn nenne, viel Ärger gebracht hat, hat er uns doch auch gezeigt, wie wichtig Teamarbeit und Vertrauen sind. Und mit jedem neuen Hund, den Zarro kennenlernen WILL, wächst sein soziales Wesen mehr und mehr. Mein Hund ist mein Spiegel. Und bin ich nicht entspannt, wird es es auch nie sein.
Also: Keep going, keep on walking, keep on gassigehen! 🙂